Interview Teil 12 – Der Drucker an der Kurbel dreht

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Interview des vm2000.net mit Jörg Boström


Du hast ja schon in jungen Jahren angefangen mit der Kunst, z.B. als Kind schon gemalt und gezeichnet. Was vielleicht noch erstaunlicher ist, Du hattest auch schon in jungen Jahren bei der Zeitschrift “Der Komet” mitgearbeitet. Wie kam es zu diesem erstaunlichen Projekt?

Ich habe als Kind schon immer gerne gemalt und gezeichnet. Leider ist ein Ordner mit meinen Kinderzeichnungen durch den Krieg verbrannt, so dass ich die nicht mehr habe. Ich würde sie sehr gerne heut als Buch ausdrucken. Meine Zeichnungen als Kind habe ich leider nicht mehr.
Die Zeitschrift der Komet haben wir, da habe ich nicht nur mitgearbeitet, wir haben den erfunden, die Zeitung gegründet, mit einem Team. Da war auch mein Kollege Lutz Malke dabei. Der Komet war eben eine unserer Schülerzeitungen. Da haben wir ja auch Comics zu gedichtet und gezeichnet. “Der Drucker an der Kurbel dreht, am Boden häuft sich der Komet.” Weißt Du ja noch, ne?

Hmhm. Waren die Mitarbeiter dieser Zeitschrift alle gleichzeitig Grafiker, Autoren, Redakteure, Herausgeber, oder waren die Aufgaben verteilt?

Die Mitarbeiter in dieser Zeitschrift waren Freunde, wir waren ja alle keine Grafiker, Autoren, Redakteure, Herausgeber, sondern wir waren alle Schüler, aber haben uns dann benommen wie Grafiker, Autoren, Redakteure und Herausgeber. Wir hatten die Aufgaben uns wechselseitig, je nachdem, wer gerade daran arbeitete, hat das gemacht. Wir haben alle Grafiker, Autoren, Redakteure, und Herausgeber gespielt.

“Der Drucker an der Kurbel dreht, am Boden häuft sich der Komet”, ist das wörtlich zu verstehen? Wurde da tatsächlich gekurbelt?

Wir haben tatsächlich einen Drucker benutzt, mit dem wir unseren Komet ja auch real, nicht nur im Internet, sondern auf Papier ausgedruckt haben. Da wurde richtig der Komet gedruckt, ich glaube ich hab den auch noch, ich weiß jetzt nicht genau mehr, wo.

Es war keine übliche Schülerzeitung in dem Sinne, dass es ein Projekt der Schule war, sondern es war Euer eigenes Projekt?

Unser eigenes Projekt, es war nicht ein Projekt der Schule, sondern unser Projekt.

Warst Du zu der Zeit auch schon Fotokünstler?

Zu der Zeit war ich nicht Fotokünstler, ich habe die Fotografie genutzt als Instrument, habe mich aber nicht als Fotokünstler gefühlt, sondern ganz allgemein als Künstler, als Zeichner, und was immer ich in die Hand nahm, habe ich dann als meine Kunst betrachtet.

Wie kann man sich ungefähr die Herstellung der Zeitschrift vorstellen, gab es da Redaktionssitzungen?

Ja, es gab Redaktionssitzungen, wir waren ja ein Freundeskreis.

Und da gabt Ihr dann Bilder gesichtet, und Texte vorgelesen?

Ja, ich habe davon auch ein Buch gedruckt. Und, wie gesagt, als Fotokünstler habe ich mich nicht speziell gefühlt, sondern ich fühlte mich wie bis heute generell als Künstler, was ich mache, ist Kunst, ob ich das mit der Kamera mache, oder mit dem Zeichenstift, oder eben als Redakteur, das lasse ich offen. Ich habe nie so genau feststellen wollen, was nun Künstler ist, und was nicht, ich war es halt. Mein Onkel Götz, den nervte das, dass ich mit der Kamera dauernd herumsprang, und dann hat er mich natürlich versucht, zu stoppen, hat er aber nicht so ganz, dann habe ich eben heimlich weiterfotografiert. Onkel Götz spielt in meinen Fotos eben auch eine Rolle, er war mein Patenonkel.

Zu der Zeit warst Du anscheinend schon ganz gut mit der Fotografie beschäftigt?

Ja, und wenn Du den Artikel von Hellmut Grau, Sommerfahrt mit Fred und Jörg, liest, dann wirst Du ja sehen, dass da auch viel fotografiert wurde, bei unserer Tour.

Da wird erwähnt, dass Du auf einen Belichtungsmesser spartest. Du hast den wahrscheinlich dann irgendwann erworben.

Ja, das hoffe ich, bestimmt, sonst wären die Bilder ja alle falsch belichtet.

Das virtuelle Magazin vm2000.net verdankt seine Entstehung teilweise Deinem Computer-Projekt am Fachbereich Gestaltung, vielleicht habe sich aber auch Deine früheren Erfahrungen als Komet Autor und Redakteur positiv ausgewirkt?

Das virtuelle Magazin ist tatsächlich im Rahmen meiner Lehrtätigkeit entstanden. Und es war ja so, damals waren die Computer ja garnicht selbstverständlich. Ich habe aber meinen Dozentenraum für ein Computerseminar in einen Computerraum verwandelt.

Während dieser Zeit veränderte sich ja die Fotografie, und die digitale Fotografie kam auf.

Ja, die digitale Fotografie wird ja viel üppiger genutzt als die analoge, weil sie weniger Arbeit macht und weniger Geld kostet. Die analoge Fotografie ist ja umständlich, Du musst entwickeln, den Film, und dann vergrößern, im Labor. Das digitale Fotografieren verleitet ja wirklich zu reichlichem Gebrauch. Damit habe ich ja auch angefangen, am Fachbereich mit Studenten, wo Du dabei warst, digitale Fotografie so nach und nach einzuführen.

Zu meiner Studienzeit gab es bei Dir Ausstellungsprojekte wie “Kunst im Knast” oder “Schadhaftes” zu dem Maler Christian Schad. Es gab außerdem Bildbesprechungen im Bereich Fotografie, ein Filmseminar, und das neue Computer- und Internetseminar. Veränderten sich die Projekte am Fachbereich durch die Digitalisierung?

Mit Sicherheit hat sich da vieles verändert. Heute gibt es ja kaum noch analoge Fotografie. Das Ausstellungsprojekt Kunst im Knast entstand ja dadurch, dass wir die Möglichkeit hatten, hier in Minden das auch auszustellen. Und das hat mich dann natürlich gereizt, den Knast als Ausstellungsort, als Museum, zu benutzen, und damit eben auch als Thema. Und da habe ich ja auch das Projekt Euch angekündigt mit einem Zettel an der Wand “Kunst im Knast – Für jeden ein Zelle”. Wer mitmachte, konnte in einem eigenen Raum seine Arbeiten ausstellen.

Das war ja eigentlich ein ungewöhnlicher Ausstellungsort, aber dadurch auch besonders interessant.

Ja, ich habe daraus ja auch einen Katalog gemacht, wie Du weißt. Ich hatte sowieso immer die Neigung, wenn ich ein Projekt hatte, das auch auszudrucken, und für andere sichtbar zu machen.

Die Ausstellung in dem Knast war irgendwie anders, als im Museum. Die Leute haben sich in ihren Arbeiten dann teilweise auf die Situation bezogen, auf die beengte Situation einer Zelle.

Ja genau, das war ja umso besser, dann. Das regte Euch ja an, Arbeiten zu machen, die sonst garnicht entstanden wären, ohne diesen Knast.

Insofern könnte man sagen, dass ungewöhnliche Ausstellungsort manchmal für Künstler besonders interessant sind.

Ja, finde ich auch. Ich meine, heute würde ich es auch machen, aber ich bin nicht mehr so jung, dass ich jetzt sowas immer wieder neu anstoße.

An der Fachhochschule wurden solche Projekte teilweise an Dich herangetragen?

Ja, genau.

Wie z.B. Schadhaftes, da ging es um den Maler Christian Schad.

Von “Schadhaftes” gibt es glaube ich keinen Katalog, oder doch?

Doch, da gibt es auch einen Katalog, den Malerei- und Grafikstudenten gestaltet hatten. Ich kann mich erinnern, dass der Katalog einen Preis gewonnen hat.

Was für einen Preis?

Einen Preis für gute Kataloggestaltung.

Aha, und wer hat den vergeben?

Das habe ich vergessen.

Ich schaue nachher mal in meinem Regal, ob ich den Katalog “Schadhaftes” noch finde. Ich habe inzwischen soviel Material, Bücher und Bilder usw gemacht, dass ich manchmal nicht alles wiederfinde.

Der Computer hat dann das Publizieren leichter gemacht.

Das hat mich natürlich auch gereizt, neue Bildprojekte und andere zu machen, die man im Internet dann sehr schön verbreiten konnte. Und da brauchte man nicht gleich einen Verlag finden, der das druckte. Und dadurch ist das Magazin ja auch entstanden.

Und gleichzeitig weißt Du aber auch immer wieder sehr die gedruckten Werke, Bücher, Kataloge und Zeitschriften zu schätzen.

Ich dachte mir eigentlich, dass wir ein größeres Team hätten, das haben wir aber nicht.
Ich bin übrigens nicht in der Lage, das schaffe ich auch nicht, vom gesamten Magazin einen Katalog zu machen, sondern ich arbeite dann nur mit meinen eigenen Texten. Ich mache die Bücher generell nur von meinen Sachen, und das macht mir schon so viel zuviel Arbeit. Ich hab ja hier schon ein ganzes Regal, wie Du gesehen hast, mit blauen Büchern, die alle von meinen Texten sind.

Im Computer kann sehr viel auf kleinem Raum gespeichert werden. Ist das gut für die Menschheit, gut für die Kunst?

Ja, für die Menschheit, die kann dann lesen, für die Kunst ist es auch gut, dann wird es gemacht, aber es ist schlecht, weil da zuviel gemacht wird, und zu wenig dann wirklich ausgedruckt wird. Und man findet allerdings auch nicht immer einen Verlag für seine Arbeiten, so dass man im Internet eben selbstständig eigene Sachen machen kann, ohne einen Verlag damit zu beschäftigen.

Deine Idee, Deine Magazinbeiträge als Buch auszudrucken, könnte aber dazu führen, dass das Buch einen Meter hoch ist.

Soviele Texte habe ich nun wieder auch nicht gemacht.

Es gab schonmal ein spezielles Buchprojekt in Zusammenhang mit dem Computer, der Student Rob Matthews druckte sämtliche “Artikel des Tages” von Wikipedia zu einem meterdicken Buch aus. Diese 437 Artikel auf 5000 Seiten sind aber nur ca. 0,01 Prozent der gesamten Wikipedia. Das ist eine Demonstration dessen, welche Unmengen im Computer gespeichert werden. So ein Buch ist aber wahrscheinlich nicht Dein Vorhaben?

Das ist sicherlich Satire und ein Scherzartikel.

 

 

 

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