Interview Teil 1 – Der tragfähige Gegenstand

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Interview des vm2000.net mit Jörg Boström

Wann bist Du Künstler geworden?
Ich war schon Künstler als Kind, ich habe immer die Zeichnung und Malerei als wichtig für mich empfunden, es war Teil meines Lebens, schon immer.
Gleichzeitig hatte ich später einen Widerwillen gegen die Kunst und den Kunstmarkt. “Kunst als Ware, nicht das Wahre”. Ich habe nicht Kunst gemacht, um sie zu verkaufen, sondern als Ausdruck meiner Existenz. Ich war, so gesehen, von meiner Mentalität her ein Existenzialist.

Warum bist Du Künstler geworden?
Es blieb mir nichts anderes übrig, weil das meine Hauptbeschäftigung war. Das war sozusagen Ausdruck meiner Existenz, von Kindheitsbeinen an. Kinder malen, sie können nicht anders. sie hören irgendwann auf, weil sie denken: „Ich muss damit Geld verdienen!“ Das war nicht meine Absicht, sondern Kunst zu machen als Ausdruck meines Lebens.

Wurde Deine künstlerische Entwicklung durch Deine Professoren beeinflusst?
Sagen wir mal so, meine Kunstentwicklung hat auch mit der Szene etwas zu tun, als man mir damals sagte, der Gegenstand sei nicht mehr tragfähig. Das war damals so ein frommer Spruch von einem Theoretiker.
Ich wollte die Welt um mich herum zu Bildern machen, und nicht Bilder erfinden, ich war insofern als Künstler ein Realist, an der Realität interessiert. Ich wollte die sichtbare Realität als Gegenstand meiner Kunst behalten, weil ich nicht ins Abstrakte abgleiten wollte.
Als ich anfing zu studieren, an der Düsseldorfer Kunstakademie, gab es Professoren, die abstrakte Kunst praktizierten. Der einzige, der auch gegenständlicher Künstler war, zu dem ich dann auch ging, war mein damaliger Professor Bruno Goller. Man musste sich damals bewerben, ich hatte eine Mappe vorzubereiten, und dieser Professor hatte damals nur 15 Studenten. Es war schon ein Glücksfall, wenn man überhaupt Kunst studieren konnte.
Joseph Beuys hat dann alle Studenten in seine Klasse aufgenommen, und hatte dann über 90 Studenten. Die Folge war, für Beuys auch, dass die anderen Professoren dagegen protestierten, und ein Protestschreiben einreichten an den Kultusminister. Der Kultusminister hat dann, weil Beuys sich weigerte Studenten abzulehnen, diesen entlassen.

Du wolltest gegenständlich arbeiten, und es “war in der Hochphase der abstrakten Malerei die Fotografie, der man die Bewahrung der Dingwelt im Bild noch zutraute.” (Zitat aus Deinem Text, Alltag und Bewegung in der Kunst)
Ich habe die Fotografie verwendet, um Realität zu fassen, und teilweise auch anzugreifen und zu verändern. Es war ein Stück weit auch Stellungnahme und Kritik, ich habe Obdachlose fotografiert, Arbeitswelt, alles Dinge die in der Kunst der damaligen Zeit nicht vorkamen. Ich bekam die Chance, diese Bilder auch in der Kunsthalle Düsseldorf zu zeigen, weil es niemand außer unserer Gruppe machte, und eine finnische Künstlergruppe dort ausstellte, und die Bedingung bestand, dass eine lokale Gruppe beteiligt sein müsste. Ich war damals Mitorganisator einer kleinen engagierten Medien- und Künstlergruppe, PSR, Politisch Soziale Realität, das war unser Thema und unsere Forderung an unsere Arbeit.

War diese Ausstellung erfolgreich?
Die Ausstellung war sehr erfolgreich, die Presse reagierte sofort und umfangreich, sogar bis nach Süddeutschland. Und es führte im weiteren Verlauf zu einer heftigen Diskussion über die unglückliche Situation der Obdachlosen in Düsseldorf. Als Erfolg unserer Ausstellung wurde diese Obdachlosensiedlung, die unmenschlich war, abgerissen.

Wo würdest Du Dich selbst künstlerisch einordnen?
Ich würde mich unter Realisten einordnen, also Künstlern die auf die Wirklichkeit mit Kunst reagieren, sowohl optisch wie inhaltlich.
Ich nehme meine Anregungen zur Malerei aus der Wirklichkeit, und antworte mit meiner Kunst auf die Wirklichkeit. Meine Wirklichkeit, wohlgemerkt, die internationale und die Fernsehwirklichkeit ist es nicht, sondern es ist meine unmittelbare Umgebung, auf die ich mit meiner Kunst antworte. Meine Augen sind mein Kunstinstrument Nr. 1 und Zeichenstift und Pinsel Kunstinstrument Nr. 2.

Und so begegnen sich auch Fotografie und Malerei in Deinen Arbeiten?
Absolut, ja. Die Fotografie als erstes, und die Malerei reagiert dann nicht direkt auf die Wirklichkeit, sondern auf meine Fotografie, die gewissermaßen ein Skizzenbuch ist. Ich habe die Fotografie entdeckt für mich damals, als es in der Kunstszene hieß, die Wirklichkeit ist nicht mehr tragfähig. Da war abstrakt angesagt, und das war für mich als Realist von vornherein die falsche Richtung. Da musste ich der Kunst ausweichen, und habe zur Kamera gegriffen, und habe mit der Kamera Wirklichkeit eingefasst. also z.B. Portraits und Landschaften und Straßen. Und das war wiederum die Anregung, das Skizzenbuch für meine Malerei. Ich hätte sonst gar nicht angefangen zu fotografieren, wenn damals nicht gesagt worden wäre, der Gegenstand ist nicht mehr tragfähig, das sagte ein bedeutender Theoretiker damals. Und das war für mich Horror, der Gegenstand ist mein Objekt, ist nicht mehr tragfähig – naja, dann greife ich zur Kamera. So habe ich die Fotografie für mich erfunden.

Könnte man sagen, dass einige Deiner Arbeiten auch von der informellen Kunst beeinflusst sind?
Beeinflusst sicherlich. Ich hatte sogar eine kurze Phase informelle Malerei, als Reaktion auf die Szene. Aber das war mir auf die Dauer nicht genug, ich musste auf die Wirklichkeit, die ich sehe, reagieren.

D.h. die informelle Kunst war eine Phase, die Du dann quasi wieder überwunden hast?
Nein, ich denke, ich habe das kombiniert. Die informelle Kunst hat auch meinen gegenständlichen Stil beeinflusst. Auch meine Fotografie ist von Kunst beeinflusst, natürlich.

Und welche Bedeutung haben die Schatten in Deinen Bildern?
Wenn ich das mal wüsste! Auf jeden Fall sind sie das Wichtigste, sind gewissermaßen Bilder, lebende Bilder von lebenden Menschen. Die Menschen werfen Schatten, die Menschen produzieren Bilder, wenn sie durch die Sonne gehen, das wissen sie nur nicht. Aber ich, ich sehe es.

Das Prinzip ist das ja ähnlich wie bei der Fotografie?
Ja, genau, die Schatten sind auch eine Art Fotografien, Momentaufnahmen. Wenn man die Schatten fotografiert, sonst sind es keine Momentaufnahmen, sondern Filme. Ich fotografiere deshalb die Schatten, weil es Momente sind, sie ändern sich ja permanent, weil die Menschen sich bewegen.

In der Fotografie wird ja auch immer wieder betont dass quasi mit Licht gemalt wird, und Schatten entstehen ja auch durch Licht.
Ja, die Fotografie malt mit Licht, das stimmt sogar technisch und chemisch.

Insofern ist bei den Schattenbildern der Zusammenhang zur Fotografie besonders einleuchtend.
Ja, das meine ich auch, das ist auch so.

Die bildende Kunst wird manchmal durch andere Disziplinen beeinflusst, wie z.B. Psychoanalyse und Literatur. Was denkst Du über Freud und die Traumdeutung?
Wird Deine Arbeit auch durch solche Lektüre inspiriert?

Ja, ich glaube schon. Die Traumdeutung kenne ich, Freud habe ich sehr gern gelesen, und Nietzsche.

Also, die Traumdeutung interessiert Dich?
Ja. Im Traum entstehen ja Bilder. Und manchmal versuche ich, mich zu erinnern, aber ich vergesse das leider sehr schnell. Wenn Du sagst, Träum was Schönes, dann ist das mehr für mich, Träum was Interessantes. Schön im Sinne von Beauty muss es nicht sein. Es ist nicht immer angenehm, es ist aber interessant, was man träumt.
Es ist aber ein Durcheinander, eine nicht zu steuernde Wirklichkeit, und insofern wache ich auch manchmal beim Träumen auf und interessiere mich noch ein bisschen dafür, denke aber, Hach, jetzt bin ich wieder in der Wirklichkeit, Gott sei Dank!

D.h. so angenehm sind die Träume meistens nicht, dass Du darin gerne bleiben würdest?
Nee, nicht unbedingt, die sind nicht das, was man süße Träume nennt. Ich habe eher süße Träume, wenn ich wach bin.

Das ist immerhin auch nicht zu verachten, wenn man sich im täglichen Leben wohlfühlt.
Ja, ich fühle mich im täglichen Leben wohl, ich brauche nicht zur Ergänzung, zur Verschönerung, die Träume. Die Wirklichkeit ist mir interessant und schön genug. Schöner, wie gesagt oft als die Träume.

Bist Du auch ein bisschen ein Sammler Deiner eigenen Bilder, gibt es Bilder, die unverkäuflich sind?
Nein. Ich verkaufe nur leider viel zu wenig. Ich habe noch nie überlegt, ob ich ein Bild, das jemand kaufen will, behalten will. Ich finde, die Bilder sind bei den Menschen, die sie kaufen, gut untergebracht, und bei mir wandern sie ja doch ins Archiv, und verschwinden dann unter anderen Bildern.

D.h. Du betrachtest Dich nicht unbedingt als Sammler Deinen eigenen Bilder.
Nein, als Sammler notgedrungen, weil ich viel mehr male, als ich verkaufe. Das ist mit der Fotografie auch nicht anders. Ich habe ja mit der Fotografie manchmal auch etwas verdient, aber ich habe viel, viel mehr fotografiert, als ich verdient habe, und habe sehr viel Geld immer wieder für Fotografie ausgegeben, für das Material.

Brauchen Deine Bilder Erklärungen, oder sind sie mehr oder weniger selbsterklärend? 
Nein, die stehen für sich. Man kann sich alles Mögliche dabei denken. Die Bilder sind die Bilder sind die Bilder und brauchen keine Erklärungen.

Wie kommt es zu Deinen Bildmotiven? Industrie, Stadtszenen, Landschaften, Seestücke, Portraits, Menschengruppen, Schatten, Puppentheater und Pferde. Du würdest wahrscheinlich nicht auf die Idee kommen, stattdessen plötzlich Früchte-Stillleben zu malen?
Nein, das habe ich, glaube ich, nie gemacht, das war nicht so ganz mein Thema.
Ich benutze die Kamera als Gedächtnis, ich fotografiere ja, was ich male. Ich fotografiere als Skizze für die Malerei, und dann fotografiere ich die Malerei, sogar in verschiedenen Zuständen.

Und die Bildmotive ergeben sich aus Deiner jeweiligen Umgebung?
Ja, meistens. Aber es ist keine Fantasiewelt, ich bin kein Surrealist, sondern Realist.

Aber Du würdest auch nicht z.B. Zahnbürsten malenoder Frühstücksbrötchen?
Nein, weil sie mich nicht sehr interessieren, die Zahnbürsten. Kann ja mal passieren, aber ist noch nicht passiert.

Kunst ist eine Arbeit, die gleichzeitig manchmal mit einer Sucht verglichen wird, und manchmal auch mit Alchemie. Bemerkst Du bei Deiner Arbeit auch Sucht, oder Alchemie?Das kommt ja manchmal vor, dass Kunst mit Alchemie verglichen wird, vielleicht z.B. weil die Alchemisten auf der Suche waren nach Gold oder dem Stein der Weisen, und die Künstler auch manchmal auf der Suche sind nach der Quintessenz.
Nein, ich suche nicht nach der Quintessenz, ich suche nach dem Wirklichen, nach der Wirklichkeit. Das ist für mich Zauberei, und ich bin nicht ein Zauberkünstler, ich zaubere nicht mit Kunst, und mache deshalb auch keine Alchemie. Chemie ja, aber nicht Alchemie. Chemie buchstäblich, weil ich ja mit Pulverfarben arbeite. Und mit entsprechendem Binder, Flüssigkeiten, Terpentin und Binder.

Und wie ist es mit anderen Begriffen, wie Ausdruckskraft?
Doch, Ausdruck will ich mit Bildern machen, natürlich. Ich will ausdrücken, was ich empfinde. Manchmal Angst, aber wenig, meistens Rätselhaftigkeit – „Huh, was ist das denn?“ Die Wirklichkeit wird mir dann wieder zum Rätsel, weil ich sie durchschauen möchte. Aber die Wirklichkeit selbst ist ja rätselhaft. Wie kommt man zustande, wie ist man auf die Welt gekommen, und wann haut man wieder ab?

Die Rätselhaftigkeit des Daseins nehme ich auch gelegentlich wahr, aber dann im täglichen Leben ist man mit Busfahrplänen beschäftigt, und deswegen bin ich froh, wenn die Kunst dann die Rätselhaftigkeit manchmal wieder sichtbar machen kann. Ist es ungefähr das, was Du meintest? 

Ja, die ist schon unheimlich, die Wirklichkeit, das ist sie, nicht einfach zu durchschauen. Die Tatsache, dass man da ist, ist ja schon ein Wunder.

Würdest Du sagen, dass Du etwas zu tun hast mit Protest gegen konventionelle Malweisen? 
Ich habe mich nie um die äußere Kunstszene gekümmert, ich habe meine Kunst gemacht. Ich habe mich nicht nach der Kunstszene gerichtet, wollte mich da auch nicht einordnen.

D.h. Protest ist Deine Arbeit nicht, sondern sie hat ihren eigenen Standpunkt?

Ich bin ich und nicht ein anderer, und habe die Kunst immer als ein Stück des Lebens aufgefasst, meine Kunst, die gehörte von Kindesbeinen an dazu. Leider habe ich die Kunstwerke aus meiner Kindheit nicht mehr, die sind irgendwie verlorengegangen.
Eine Mappe ist verbrannt durch den Krieg, ich bin ja ein Trümmerkind.

Du hast eine Serie von mittels Entwicklermalerei nur fragmentweise sichtbaren Fotoabzügen gemacht, mit darauf erkennbaren Straßen und Hausansichten in Sondershausen, wo Du im Krieg als Kind in der Landverschickung warst, als dort ein Haus zerbombt wurde, und Ihr aus dem Keller flüchten musstet. Sind diese Bilder eine Form von Vergangenheitsbewältigung, die Verarbeitung eines Kriegstraumas?

Ich würde das nicht Kriegstrauma nennen, weil ich nicht den Krieg als Trauma, sondern einfach als Stück meines Lebens empfinde. Und Sondershausen war eben für mich eine Stadt, wo ich mich als Kind lange aufgehalten hab, und wo ich das Bombardement auch erlebt habe.

Könnte man sagen, dass nicht alle Kinder generell den Krieg als schrecklich empfinden? 

Wir – ich sage jetzt mal wir, weil ich ja damals Kind war – empfinden den Krieg als Stück unseres Lebens, und auch da wollen wir nicht drauf verzichten. Ich neige nicht dazu, Dinge aus dem Krieg zu vergessen, weil ich sie schrecklich fand, sondern es ist ein Stück meines Lebens. Und in den Trümmern, die entstanden sind durch die Bomben, haben wir als Kinder gespielt. Du kennst ja meine Erzählungen aus Sondershausen, wo mein Spieltier durch die Bomben weit geflogen ist. Ich habe es aber dann wiedergefunden. Ich saß als Kind da unten im Keller und habe die Zerstörung unseres Hauses hautnah miterlebt.Das war eins meiner unvergesslichen Erlebnisse: Das Bombardement hat unser Haus zerstört, hat mein Spieltier weggeschickt, aber nicht zerstört.

Du hast später eine Serie von Trümmerbildern gemacht, Malereien, die Reste von Skulpturen zeigen, Sanssoucis-Trümmer. Haben die ebenfalls noch einen Bezug zu den Kriegstrümmern?

Das hat mich jedenfalls an den Krieg erinnert, die Trümmer, auch in Sanssoucis. Ich hatte das Schloss ja noch erlebt ohne Trümmer, und dann später, als es das Bombardement nur teilweise überstanden hatte, mit Trümmern. Insofern war mir das ein wichtiges Erlebnis. Unsere eigene Straße in Sondershausen, die war ja über weite Strecken in ein Trümmerfeld verwandelt worden durch den Krieg.

Ihr konnten dann da nicht weiter wohnen?

Nein wir konnten da gar nicht mehr wohnen, das Haus war weggebombt. Wir wohnten dann im Haus einer Familie, die getötet worden war. Furchtbar, der Krieg…

Es gab nach dem 2. Weltkrieg eine Form der Literatur, die als Trümmerliteratur bezeichnet wurde, Heinrich Böll und Erich Kästner z.B. sind aus dieser Schriftstellergeneration. Mir ist nicht klar, ob es in der bildenden Kunst auch, vielleicht weniger deutlich erkennbar, eine Generation von Trümmerkünstlern gibt?

Ja, die gibt es sicherlich. Ich bin ein Teil von dieser Generation. Ich habe ja auch dann, obwohl ich nie abstrakter Maler war, solche Trümmerbilder gemacht.

Die dann an der Grenze zur Abstraktion sind?

Ja, genau.

Um auf das Anrühren von Pulverfarben zurückzukommen, ist es schwierig, die Farben selbst zu mischen? Und wann hast Du damit angefangen, eventuell schon als Student? 

Ja, ich mochte eigentlich Tuben nicht so sehr, ich mochte Pulverfarben, und meine Staffelei, meine Farbpalette sah immer gut aus, weil sie mit Pulverfarben zusammengesetzt worden war, und ich die Pulverfarben selbst gemischt habe. Und so waren meine Bilder auch teilweise sehr, sagen wir mal, materiell, durch diese Pulverfarbengestaltung. Ich mochte nicht so sehr Tuben, ich mochte gerne Pulverfarben, und die Malerei damit.

Durch die Pulverfarben bekommt die Malerei einen etwas dickeren Farbauftrag?

Ja, unterschiedlich. Sehr sehr unterschiedlich. Weil die Farben ja immer selbst neu gemischt und auf der Staffelei zusammengerührt werden. Manchmal habe ich mir auch die Farben in kleinen Gläsern angemischt.

Du hast als Student in Düsseldorf angefangen mit der Mischung von Farben…

Ja, ich wollte auf jeden Fall meine Malerei realistisch, gegenständlich machen, und ich habe dann die Bilder selber zu Gegenständen gemacht, indem ich sie mit Pulverfarben aufgebaut habe. Es wurden sozusagen Dinge, und nicht Malereien.

Die Zeit in Düsseldorf, als Du dort nicht nur gemalt hast, sondern auch fotografiert, war ja ziemlich turbulent. War Dir damals bewusst, dass die Ereignisse da außergewöhnlich waren, oder empfindet man das als normal?
Nein, der Grund, weshalb ich die Kamera benutzt habe, war ja die Ideologie damals, weil sich meine Augen und meine Kunst immer wieder an dem orientierten, was ich sah, was außerhalb von mir realistisch da war, und nicht als abstrakte Erfindung. Und insofern war für mich die Kamera immer ein Stück Verfolgung der Realität, und Wiedergabe der Realität. Und meine Pulverfarbenbilder empfand ich auch als real, weil sie ja real auf meinem Tisch entstanden.

Hattet Ihr damals bestimmte Vorstellungen von der Zukunft? Davon, wie sich die Dinge entwickeln würden?
Nein, mich hat immer, bis heute, die Gegenwart interessiert, und ein bisschen die Vergangenheit, aber ich war kein Futurist, in dem Sinne dass ich Visionen von der Zukunft hatte, oder mir machte.

Dann hattest Du auch sicher nicht erwartet, Professor im Fach Foto-Film-Design in Bielefeld zu werden?
Sowas kann man nicht erwarten. Das kam dann auf mich zu, und als man mich fragte, ob ich das werden will, da habe ich natürlich ja gesagt. Ich habe mich aber nicht darum beworben.

Würdest Du Dich gleichermaßen als Maler und Fotograf betrachten, oder mehr doch zu dem einen oder anderen hintendieren?
Nein, immer als beides.

Also beides gleichzeitig, das sich gegenseitig ergänzen kann.
Ja, ein Dialog. Ich bin sowieso ein Mensch des Dialogs. Reine Computerkunst war eigentlich nie meine Sache. Mit dem Rechner Bilder zu machen, war mir zu entfernt, nicht real genug. Ich mache dann lieber mit körperlicher Bewegung Malerei; am Rechner da tippt man ja nur mit den Fingern. Das war für mich schon wichtig, das Reale, das Materielle des Malens.

Manchmal beneide ich Dich auch, also ich finde auch, dass man am Rechner zu wenig mit Material und körperlichem Einsatz zu tun hat.
Ja, man bewegt ja nur die Finger, sitzt ganz brav, so wie ich jetzt auch stillsitze.

Aber nichtdestotrotz bist Du auch im Internet vertreten. Deine Bilder sind ja großenteils im Netz, sowohl im vm2000.net als auch bei Facebook. Die Verbreitung von Bildern über das Internet siehst Du als positive Entwicklung für die Kunst?
Ja, empfinde ich so. Ich kann auf die Weise ja auch Künstler näher kennenlernen, die ich gar nicht kenne, durch das Internet, wenn sie ihre Arbeiten ins Internet stellen.

Es gibt natürlich durch das Internet auch eine Bilderflut.
Es ist eine Bilderflut, man muss aufpassen, dass sie einen nicht überflutet.

Bei gemalten Originalen ist es besser, sie in voller Größe zu sehen, und auch die haptische Struktur des Pinselstrichs. Würdest Du Kunstinteressierten grundsätzlich empfehlen, sich Deine Bilder auch im Original anzuschauen?
Ja genau, auf jeden Fall. Das Internet regt an, Ausstellungen anzugucken, und dann geht man ja hoffentlich auch dahin.

Gerade bei gemalten Originalen ist es anders, besser, sie in voller Größe im Original zu sehen, als klein als Datei im Internet.
Es wäre natürlich gut, man könnte sie in voller Größe sehen, aber die Zeit ist nicht immer so, dass die Galeristen hinter einem herrennen, um auszustellen, sondern man muss sich bemühen, aber das tue ich nicht. Ich habe aber immer wieder die Chance, meine Bilder in der Galerie, im Museum oder im Rathaus auszustellen, also ich habe an Ausstellungen keinen Mangel. Ich habe in meinem Leben immer gerne Aktionen dort gehabt, wo auch viele Menschen waren. Meine Kunsthallenaktionen waren ja auch gut besucht. Ich finde es nicht gut, wenn eine Ausstellung kommt, und keiner geht hin.

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