Interview des vm2000.net mit Jörg Boström
Gibt es eine „richtige Entfernung“, aus der man Deine Bilder betrachten sollte?
Ich denke das wäre so ein bis zwei Meter, das ist so die richtige Entfernung für die grossen Bilder. Die kleinen, da kann man natürlich auf 50 cm ran.
Hmhm. Das heißt so eine übliche Entfernung bei Ausstellungen?
Ja, genau.
Beim Malen schaust Du wahrscheinlich selbst Bilder sowohl aus der Nähe an, wenn Du direkt vor dem Bild sitzt, als auch zwischendurch immer mal wieder aus größerer Entfernung?
Ja, ich male ja oft auch im Stehen, und da gehe ich hin und her, aber wenn ich male, bin ich natürlich so nah dran, wie mein Arm kurz ist, ne. Ich kann ja nicht aus der Entfernung malen, ich muss ja ran, ans Bild. Dass mein Arm den Pinsel hält, und an der Leinwand arbeiten kann. Und oft sitze ich auch vor dem Bild, das stimmt. Auf die Dauer stehen ist mir jetzt zu anstrengend.
Hmhm. D.h. eigentlich bist Du beim Malen meist näher am Bild dran, als der Betrachter dann später, könnte man sagen. D.h. Du siehst Dein Bild aus der Nähe, und stellst Dir aber gleichzeitig eventuell vor, wie es aus der etwas größeren Entfernung dann aussehen würde.
Da denkst Du jetzt drüber nach, aber ich denke da nicht so viel drüber nach, sondern ich male einfach. Im Stehen, wenn es geht, und im Sitzen, wenn ich will, das mache ich davon abhängig, wie nahe ich am Bild bin und wie genau. Und wenn ich mit Abstand male, dann möchte ich auch gerne dass das Bild mit Abstand gesehen wird.
Du hattest mal eine Portraitzeichnung gemacht, von dem Bildhauer Richard Hess, bei der ich den Eindruck hatte, die beiden Augen kommen erst dann auf eine Linie, wenn man das Bild von schräg oben anschaut. War das beabsichtigt?
Ich glaube das ist so passiert, aber das ist sicherlich von mir dann akzeptiert.
Das ist irgendwie interessant, finde ich. Zunächst hatte man den Eindruck, die beiden Augen sind nicht auf einer Linie. Aber wenn man dann sich dem Bild von schräg oben nähert, ich weiss nicht ob es allen Betrachtern so gegangen ist.
In der Regel habe ich das Bild nicht von oben oder schräg von unten sondern gerade, wenn ich arbeite auf jeden Fall.
Würdest Du sagen, dass man Vorkenntnisse braucht, z.B. aus dem Bereich der Kunstgeschichte, wenn man Deine Bilder richtig sehen möchte?
Nein, braucht da keine Vorkenntnisse. Man kann meine Bilder sehen ohne Vorkenntnisse, sonst würde ich ja nur ganz wenige Menschen erreichen. Ich möchte ja alle Menschen erreichen, auch nicht nur die Künstler und die Kundigen, sondern auch ganz normale Menschen.
Hmhm, das ist verständlich. Dann könnte man sich höchstens noch fragen, ob Deine Bilder vielleicht unterschiedlich wahrgenommen werden, je nachdem, wer welche Vorkenntnisse hat. Aber das weiß man ja auch nicht.
Das kann jeder machen, wie er möchte.
Es gibt Versuche, die Sicht auf Bilder zu verändern, z.B. indem man sie auf den Kopf dreht, wie bei Baselitz. Würdest Du so etwas bei Deinen Bildern auch mal versuchen? Wobei ich nicht weiß, ob Baselitz seine Bilder auf dem Kopf malt, oder sie z.B. auch auf dem Boden liegend malt.
Auf dem Boden liegend habe ich Bilder öfter gemalt. Und wenn sie auf dem Boden liegen, male ich sie zum Teil von mehreren Seiten. Da gehe ich auch zum Teil herum. An der Wand sind sie meistens einheitlich, auf der
Staffelei, die drehe ich nicht herum. Wenn sie am Boden liegen, male ich gelegentlich von allen Seiten. Und ich mache das nicht, um daraus höhere Kunst zu machen, wie Pollock, sondern einfach aus praktischen Gründen.
Wenn ich große Formate hab, kann ich die oft auf der Staffelei nicht so gut malen, wie auf dem Boden.
Es gibt ja dann auf dem Boden nicht zwangsläufig ein oben und unten, aber bei Deinen Bildern gibt es dann glaube ich doch irgendwie eine Art oben und unten.
Ja auf jeden Fall die Sicht wenn sie auf dem Boden liegen und sie werden zum Teil von mehreren Seiten gemalt, dann geht man auch gerne herum, und malt sie von rechts und von links, und von oben und unten. Und das kann das Bild bereichern, und den Maler auch beleben.
Das würde ich auch so sehen, ja.
Denkst Du, dass man der Kunst quasi zu nahe tritt, dass es aufdringlich ist, wenn man Bilder aus sehr kurzer Entfernung betrachtet, und sich die Texturen und Pinselstriche und kleinen Risse oder Farbklümpchen und Ähnliches anschaut?
Nein ich denke nicht dass man der Kunst zu nahe tritt, da guckt man eben, wie sie gemacht ist. Es ist interessant wenn man Bilder, wie sie gemalt werden, von rechts und von links und von nah und fern ansehen kann. Man möchte auch die Bilder wirken lassen, wenn sie in der Galerie irgendwo hängen und an der Wand in der Entfernung auch gesehen werden sollen. Aber es ist auch interessant, sie aus der Nähe zu sehen.